Das Elektroauto und
seine psychologische Ebene
Je länger man sich mit dem Thema
Elektromobilität auseinandersetzt und je mehr man sich mit den eigenen
Erfahrungen und denen anderer beschäftigt, um so mehr erkennt man, dass das
größte Problem bei der Etablierung dieser Technologie kein technisches ist,
sondern eher ein psychologisches. Das uns seit 100 Jahren begleitende
Automobil, welches sich stets weiterentwickelte, hat unser Denken und
Verhalten derart beeinflußt, dass es total
schwierig scheint neu zu denken, oder das eigene Verhalten zu hinterfragen.
Man sieht es zum Beispiel an der Reichweitendiskussion.
Die stetig gewachsene Reichweite moderner Verbrenner hat dazu geführt, dass
wir alle kein Gefühl mehr haben für die tatsächlichen Entfernungen die in
unserem Alltag täglich relevant sind. Und das wiederum führt zu ganz irrwitzigen
Denkmustern. Wir fühlen uns unbehaglich bei dem Gedanken, dass der Tank
halb leer ist und wir beabsichtigen einen Verwandten zu besuchen in 30
Kilometern Entfernung. Hallo, der halbe Tank bei 800 Kilometern Reichweite?
In Wahrheit ist es mit der Reichweite wie mit der Frage nach genügend Geld.
Dazu hat mal ein kluger Kopf gesagt, wenn Du stets einen Euro mehr besitzt
als Du gerade brauchst, dann ist alles gut. Also mit Blick auf den
Verwandtenbesuch würden 31 Kilometer im Tank reichen, 62 (also das Doppelte)
wäre schon so viel um wieder zurück zu kommen und zu Hause zu laden (im Falle
eines E-Autos). Sogar die Routenplanung mit der Suche nach öffentlicher
Lademöglichkeit entfiele dabei. Also eigentlich alles gut. Der langjährige
Elektroautofahrer hat die Reichweitenangst nicht
mehr, denn er weiss wie weit er fahren möchte
oder hat sogar die Route geplant, wenn es weiter raus geht. Sein Gefühl für
anstehende Distanzen ist also wieder da, und wegen der Planung weiss er auch, dass er tatsächlich ankommen wird. Der Verbrennerfahrer hat Reichweitenangst
trotz eines riesigen Tankes. Und mit diesem
verstellten Blick wird er immer sagen, wenn man ihn auf E-Autos anspricht,
die haben ja keine Reichweite. Es stimmt, dass sie, noch, viel weniger
Reichweite haben, jedoch immerhin schon so viel, dass auch der Verbrennerfahrer 98 von 100 Fahrten problemlos hin
bekäme. Aber selbst wenn das E-Auto irgendwann 1000 Kilometer weit fahren
könnte, dann führt diese überbordende Reichweite wieder genau zum Verlust
des Gespüres für Entfernungen und somit zu stets diffus vorhandener Reichweitenangst. Ein sogenannter Teufelskreis. Mit dem
Wissen darum sollte dann aber auch final klar sein, dass das E-Auto nichts
dafür kann, sondern einzig und allein unser sonderbares Denken die neue
Technik alt aussehen lässt. Obendrauf kommt dann noch die Angst des Menschen
vor Veränderung. Alles was er nicht kennt ist erst mal schlecht. So ähnlich
empfand es auch schon Henry Ford, als er begann die Tin-Lissy in Serie zu
bauen. Dieser herausragende Autobauer hat mal gesagt auf die Frage, ob die
Menschheit so viel Autos braucht; wenn Sie die Menschen heute fragen was
sie wollen, dann sagen sie „schnellere Pferde“. Und nicht knatternde
Automobile. Genau das ist der Punkt. Wir wollen also das altbekannte, nur
noch schneller, sauberer und mit noch mehr Reichweite. Wir vergessen dabei
aber etwas ganz wesentliches, die Steigerung von Geschwindigkeit und
Reichweite mag möglich sein, sofern man das für sinnvoll erachtet. Bei der
Sauberkeit sieht das anders aus. Selbst wenn wir Verbrenner komplett
Schadstoff frei bekämen, so würden wir immer noch die Substanz verbrennen,
von deren Endlichkeit wir wissen, und
dass wir sie für was anderes als Fortbewegung zwingend brauchen. Also warum
weiter Milliarden Euro versenken in eine Technik von der wir uns schnellst
möglich verabschieden sollten. Mit dem Geld hätten wir die E-Mobilität und
die Herstellung des Stomes für diese ruck zuck im
Griff. Wir haben schon einen Berg Patente in den Schubladen, und genügend
Top-Ingenieure mit dem nötigen Grips. Und wenn
wir uns mal anschauen was Heute schon an
Elektroautos umher fährt, so muss man feststellen, dass da so viel zum Durchbruch
nicht mehr fehlt. Allerding müssten wir alle uns dann auch mal geistig
bewegen und den Herstellern und unseren Politikern glaubhaft versichern,
dass wir diese Technik haben, kaufen und fahren wollen. Genau darin besteht
unser aller Aufgabe, die Durchbrechung solcher Teufelskreise.
Stefan.Redlin
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